… und das jederzeit wieder tun würde

Die Ausgangssituation

Als sich mein zweites Bachelorstudium 2016 dem Ende neigte, war die Frage, die ich am häufigsten hörte, was ich denn danach mache. Master? Direkt Arbeiten? Doch meine Antwort lautete: „Ich will erstmal Reisen.“ Die Gegenfrage: „Wie lange dann? Bis das Masterstudium los geht?“

Dass heute viele Fast-Erwachsene nach dem Abitur ins Ausland gehen, ist ja inzwischen schon fast Klischee. Nach dem Studium dann eigentlich eher nicht, besonders wenn Jobangebote da sind und die Noten für einen Master reichen. Aber für mich war es noch nicht der richtige Zeitpunkt, so viel von meiner Zeit gegen Geld einzutauschen. Ich musste erstmal das mit dem Reisen erledigen.

Die Entscheidung

Ich habe wirklich monatelang gegrübelt – soll ich an den Bachelor noch einen Master dranhängen und tatsächlich noch 2 Jahre studieren? Oder einen dualen Master? Und mich bis zu 5 Jahre an ein Unternehmen binden, das mir im blödesten Fall garnicht taugt? Einen Master im Ausland? Aber wie finanziere ich das? Oder soll ich direkt in den Beruf einsteigen? Soll ich ein Trainee Programm machen und verschiedene Unternehmensbereiche ausprobieren? Und wenn ja, in welchem Unternehmen?

Es gab für mich einfach viel zu viele Möglichkeiten. Und dann habe ich doch alle über Board geworfen, was nicht immer auf Verständnis gestoßen ist. Aber ich hatte da einen anderen Traum…

Seit eine gute Freundin von mir 2009 „die Fliege“ machte und für mehrere Jahre nach Australien und Neuseeland verschwand, hatte ich diesen Gedanken im Hinterkopf. Jahrelang hat dieser Traum vor sich hingeschlummert. 2014 habe ich dann ein Auslandssemester in Schweden gemacht und während dieser Zeit wurde der Wunsch zu Reisen, noch größer, als er vorher schon war.

Doch wohin wollte ich gehen? Wer würde mich begleiten? Und wie soll ich das überhaupt finanzieren? Wie lange würde ich weg bleiben wollen und können? – Fragen über Fragen.

Ich hatte mehrere Pläne und Ideen im Kopf, hab sie hin und her jongliert. Schließlich bin ich ins Reisebüro marschiert, habe meine Ideen vorgetragen. Die nette Frau wusste zunächst aber garnicht so genau, wie sie mir da helfen sollte. Schließlich konnte sie mir die Entscheidung ja nicht abnehmen. Aber ich glaube, in dem Moment habe ich mich schon entschieden – es würde als erstes nach Australien gehen, mit Work & Travel zwecks Finanzierung.

Der perfekte Zeitpunkt

Man sagt immer, den perfekten Zeitpunkt gibt es nicht, aber bei mir gab es ihn tatsächlich. Da mein Studium sich, wie oben beschrieben, dem Ende neigte, wollte ich die Zeit als Student noch mitnehmen, um mir mit Studentenjobs (und diese sind kurzfristig meiner Meinung nach leichter zu bekommen) ein finanzielles Puffer aufzubauen. Außerdem war ich zu dem Zeitpunkt schon seit einer ganzen Weile Single.

Also war klar: Ich würde nach dem 30. September fliegen. Im November sollte meine Mama ihren 50. Geburtstag feiern, und da nicht klar war, wann ich wieder komme, bat sie mich, so lange noch zu bleiben. Dann habe ich nach den günstigsten Flugangeboten mit dem meisten Luxus gesucht (soll heißen, Emirates sollte es schon sein für meinen ersten langen Flug – da wollte ich nicht sparen), und der 15. November 2016 wurde somit der perfekte Zeitpunkt.

Glücklicherweise konnte ich mir für die Zeit zwischen Studienende und Abflug dann doch noch einen 450 € Job angeln und diese Zeit somit gut überbrücken.

Das Studienende war für mich der perfekte Zeitpunkt für einen Cut. Ich weiß, dass viele Reisefreudige nicht direkt nach dem Studium reisen, da oft das Geld fehlt, und sich dann im Job wünschen, sie könnten mehr Reisen. Was auch ein Grund dafür ist, dass ich dir mit meiner Geschichte auf diesem Blog zeigen möchte, dass man auch trotz Job reisen kann, ohne zu kündigen.

Meine Gründe

Diese Gründe habe ich übrigens damals auf meinem Blog veröffentlicht. Ich habe sie nur sprachlich angepasst, dass sie weiter Sinn machen. Vom Inhalt her habe ich nichts verändert.
  • Der wichtigste Grund ist wohl heute wie damals: Ich reise gerne – vor Australien (oder auch Schweden) waren das bei mir aber hauptsächlich Städtetrips, Ferienhäuser irgendwo in Strandnähe oder auch Pauschalreisen. Und das reicht(e) einfach nicht. Ich wollte viel mehr von der Welt sehen. Nur mit dem Rucksack, nicht wissend was auf mich zukommt und wann es wieder zurück geht.
  • Ich wollte offener gegenüber anderen Menschen werden – ich bin in neuen Situationen oft erstmal schüchtern und komme nicht so richtig aus mir raus. In den letzten Jahren vor Australien bin ich öfter alleine unterwegs gewesen und habe da an mir gearbeitet. Allerdings gibt es bei einer längeren Solo-Reise natürlich natürlich viel mehr Chancen, sich da auszuprobieren – dazu im nächsten Überpunkt „Warum ich es wieder tun würde“ mehr.
  • Ich bin generell ungeduldig und ich glaubte (und glaube), eine Langzeitreise, viel Ungewisses und die Abwesenheit von genauen Plänen können mir enorm helfen, an meiner Gelassenheit zu arbeiten.
  • Ich war, wie gesagt, noch nicht bereit, einen Großteil meiner Zeit gegen Geld zu tauschen und mich im Alltag „gefangen nehmen“ zu lassen. Es gibt soo vieles in der Welt was ich entdecken, tun und lernen will. Heute weiß ich, dass ich das auch trotz eines Jobs machen kann.
  • Die Welt ist so wahnsinnig groß und hat so viel zu bieten. Andere Kulturen, andere Sprachen, andere Menschen, andere Jobs, ein anderes Leben. Und ich war (und bin immernoch) wahnsinnig neugierig, was sie für mich noch bereit hält.
  • Am anderen Ende der Welt kannte mich niemand – somit hatte niemand Erwartungen an mich, und ich hatte an niemanden Erwartungen. Das bedeutet für mich die Freiheit, ich selbst zu sein, oder wenn ich will auch jemand ganz anders.

Warum ich es wieder tun würde

Kurz und knackig: Weil ich auf dieser Reise so viel gewachsen bin, so viel über die Welt und auch über mich selbst gelernt habe, und weil ich an so wunderschönen Orten war, die eine Gänsehaut bei mir erzeugt haben. Und natürlich weil die Welt noch sooo groß ist und ich nur einen so kleinen Bruchteil davon gesehen habe.

Die Gründe, die ich damals genannt habe, waren wie meine Wünsche, meine ToDos für die Reise, und alles ist so passiert.

Ich bin definitiv offener geworden, aber auch heute ist da noch Luft nach oben. Weitere Reisen und auch dieser Blog, sowie der ständige Kontakt mit Menschen im Job helfen mir dabei.

Auch meine Geduld und die innere Gelassenheit haben sich um ein vielfaches gesteigert. Ich muss nicht mehr alles im Voraus wissen, ich gebe den Dingen (oder Menschen) die Zeit, die sie brauchen. Das Leben ist viel zu bunt um ungeduldig und unentspannt auf eine Sache zu warten, während ich in dieser Zeit mit Gelassenheit tausend andere machen könnte.

Heute ist es für mich okay, einen Großteil meiner Zeit (also 40 Stunden die Woche) gegen Geld einzutauschen. Das wird natürlich dadurch unterstützt, dass ich meinen Job sehr mag, dass ich ein tolles Umfeld habe und trotzdem das Reisen an sich nicht aufgeben musste.

Und ja, ich hatte auf meiner Reise die Freiheit ich selbst zu sein und manchmal auch jemand ganz anderes. Wodurch ich soo viel über die Person gelernt habe, die ich sein kann und will. Sie ist bereits in mir, aber hatte noch nicht genügend Chancen, zu wachsen. Heute gebe ich mir selbst auch im Alltag die Möglichkeit zu wachsen, über Coachings, Reflexionen und bewusstes Heraustreten aus meiner Komfortzone.

Und meine Neugier, die Welt zu entdecken? Diese und die Reiselust sind natürlich nicht verflogen, im Gegenteil sind sie noch stärker geworden. Das Leben ist ein riesiges, buntes Abenteuer und genau so möchte ich es leben.

Am Tag meiner Abreise (15.11.2016)

Nachdem ich dir nun meine Gründe für die Reise nach dem Studium dargelegt habe, gebe ich den Ball gerne an dich weiter:

Warum und in welcher Situation hast du dich zum Reisen entschieden?