Es ist der 16.08.2022. Gestern bin ich vom Taubertal Festival zurückgekommen. Dort habe ich mal wieder meine Stimme verloren, das Spiel kennen wir ja schon. Wusstest du, dass sich Festivalausrüstung und Wanderausrüstung sehr ähnlich sind? Also einmal alles sauber machen und dann endlich den Rucksack packen.

Am späten Vormittag kommt meine Schwester und wir fahren gemeinsam mit dem Zug nach Würzburg, um von dort aus nach München zu fahren. Denn dort geht’s morgen los. Doch erstmal wartet in Würzburg noch eine kleine Überraschung auf uns: Unser Bruder und seine Frau haben uns am Schalter kleine Carepakete hinterlegt, bisschen Süßkram und Wasser. Da werden erstmal ein paar Tränen runtergeschluckt, weil das so lieb ist.

In München gibts noch Burger und dann geht es früh ins Bett, denn am nächsten Tag startet sie:

Unsere Alpenüberquerung auf dem Traumpfad von München nach Venedig.

Was jetzt folgt, ist ein kleiner Erfahrungsbericht. Die Kilometer- und Höhenmeterangaben sind von Komoot übernommen, keine Gewähr.

Über meine Learnings und Erkenntnisse auf dieser Wanderung, habe ich hier bereits geschrieben.

Alpenüberquerung Tag 1: München – Kloster Schäftlarn

Strecke: 26 km

Höhenmeter: 160 hm ↑

Vom Hostel zum Marienplatz, wo die Strecke offiziell startet, sind es 5 Minuten. Dann brauchen wir ungefähr 1 Stunde, um ein schönes Foto zu machen und alle Social Media Accounts und Freunde auf dem Laufenden zu halten. Und natürlich müssen wir erst nochmal auf die Toilette. Aber dann geht’s los.

Wir kommen gut aus München raus und wandern an der Isar entlang. Kilometer um Kilometer. Der Rucksack wiegt etwa 12 – 13 Kilogramm und drückt, ich bin es nicht gewohnt. Aber es tut so gut, jetzt auf dem Weg zu sein, nach der langen Vorbereitung.

Etwa auf halber Strecke wird in unserem Reiseführer* (Affiliate Link) ein Biergarten erwähnt. Der Gedanke an Pommes und Apfelsaftschorle treibt uns vorwärts. Ganz ehrlich: Ungefähr ab Kilometer 12 crasht mein Kopf rein und will nicht mehr weiter.

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Erstmal Pause

Leider ist der Biergarten ein Lost Place und es gibt weder Pommes noch Apfelsaftschorle. Es gibt überhaupt nichts. Zum Glück haben wir Essen und sogar einen Mini-Gaskocher dabei. So machen wir es uns am Ufer neben einigen Campern bequem, kochen uns Kaffee und etwas von unserem zuhause vorbereiteten Trekking Essen.

Für Trekking Essen kann ich dir dieses Kochbuch von Anne Abendroth sehr ans Herz legen (unbezahlte Werbung).

Da Mittwoch ist, hat die Gaststube im Kloster Schäftlarn geschlossen. Wir wollen zur Belohnung dennoch einkehren, und so laufen wir weiter zu einem (geöffneten) Biergarten. Die Spätzle schmecken herrlich und nach weiteren 1,5 Kilometern sind wir dann endlich im Kloster angekommen. Ein Schlüssel liegt für uns bereit und frisch geduscht und erschöpft, aber stolz und glücklich fallen wir ins Bett.

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Alpenüberquerung Tag 2: Kloster Schäftlarn – Ascholding

Strecke: 20 km

Höhenmeter: 200 hm ↑

Am zweiten Tag geht es weiter an der Isar entlang. Eigentlich garnicht so schwer, aber irgendwie schaffen wir trotz Wanderführer und Komoot uns zu verlaufen und irren erstmal ein bisschen auf Wiesen hin und her, bevor es über schmale Pfade durch Wälder geht.

Irgendwann denken wir, wir sind besonders schlau und suchen uns einen besseren Weg, der sich dann als enge, vielbefahrene Straße herausstellte. Also schlagen wir uns wieder in die Büsche und laufen gefühlt “querfeldein”. Außerdem führt Komoot uns ein Flussbett (naja oder eher einen Bach) entlang, in dem zum Glück nicht allzu viel Wasser fließt.

In Wolfratshausen finden wir ein ur süßes Café mit Konditorei und kehren erstmal zum schlemmen ein, bevor wir frisch gestärkt weiter der wilden Route auf Komoot folgen. Endlich in Ascholding angekommen erhaschen wir nicht nur einen ersten Blick auf die Berge, es erwartet uns auch ein ausgerollter Teppich an der Stelle, wo wir aus dem Wald heraus und auf die Straße treten.

Als wir im Hotel ankommen, fängt es nur kurz später das Regnen an und genauso soll es auch am nächsten Tag weitergehen.

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Alpenüberquerung Tag 3: Ascholding – Bad Tölz

Strecke: 20,5 km

Höhenmeter: 200 hm ↑ 140 hm ↓

Nach einem leckeren Frühstück mit hausgemachten Aufstrichen machen wir uns sehr früh und im Stechschritt auf nach Bad Tölz. Das Ziel: Vor dem Regen am Nachmittag ankommen.

Es geht weiter an der Isar entlang, die ein immer strahlenderes Blau annimmt. Wie in den letzten Tagen, geht es über Wiesen und durch Wälder. Wir kommen an einem Schild vorbei, auf dem das erste Mal “Venedig” angeschrieben steht. Zwar ist es nur ein selbstgemachtes Schild der Besitzer des Grundstücks, auf welches sich wohl viele Alpenüberquerer vor uns verirrt haben, dennoch ist es ein Moment, der von uns zelebriert wird.

Die Aussichten werden immer besser und nach und nach tut sich vor uns das Massiv der Alpen auf. Noch heute kriege ich Gänsehaut, wenn ich daran denke.

Ohne Pause (weil: drohende Regenfront) kommen wir bereits um halb 2 in Bad Tölz an und entsprechend hungrig versorgen wir uns im Penny Markt für unser Mittagessen (oder auch, die nächsten 50 Mahlzeiten, wenn man die Ausbeute so anschaut). Abendessen nehmen wir im Hotel ein.

Meine Schultern kämpfen mit dem Rucksack, Sporttape hilft hier. Meine Füße haben immer nach etwa 15 km keine Lust mehr. Dennoch bin ich voller Vorfreude auf die Berge, die uns am nächsten Tag endlich erwarten.

Traumpfad-München-Venedig-1. Schild

Alpenüberquerung Tag 4: Bad Tölz – Tutzinger Hütte

Strecke: 25 km

Höhenmeter: 1.260 hm ↑ 590 hm ↓

An Tag 4 geht es endlich bergauf. Und leider ist uns das Wetter garnicht so hold. Zunächst wandern wir etwa 2 Stunden gerade aus, weiter an der Isar entlang, bis nach Lenggries, wo wir aufsteigen wollen. Hier fängt es auch das erste Mal zu regnen an.

Wir verabreden uns nach knapp 3 Stunden Aufstieg im Brauneck-Gipfelhaus zur Pause, essen Pommes und trinken Tee, da es immer kälter wird. Jede läuft in ihrem Tempo, anders ist eine solche Wanderung auch nicht möglich. Bis hierhin waren die Wege allerdings gut geteert und ausgeschildert.

Nach einer Pause und mit in der Ferne aufziehendem Gewitter geht es weiter, am Kamm entlang zur Tutzinger Hütte. Das drohende Unwetter bringt uns dazu, unsere Beine in die Hand zu nehmen und so schnell wie möglich voranzukommen.

Unsere erste Hütte

Wir können die Hütte und damit das Ende unserer Etappe bereits sehen, als es nochmal richtig das Schütten anfängt. Allerdings haben wir immernoch etwa 30 Minuten am Berg entlang vor uns, bis wir endlich im Schutz der Hütte ankommen.

Der Trockenraum ist bereits voll mit nassen Schuhen und Kleidern, zum Glück gibt es Zeitung, die wir in unsere Wanderschuhe stopfen können. Unser erster Hüttenaufenthalt, wir müssen uns erstmal zurechtfinden, wie die Abläufe so sind.

Gemeinsam mit einem Paar, das aus der Nähe kommt und die am nächsten Tag wieder absteigen, teilen wir uns ein Zimmer. Dankbarerweise überlassen die beiden uns die Heizung, dass wir unsere Kleider gut trocknen können.

Nach einem Abendessen in der Gaststube fallen wir auch schon erschöpft ins Bett.

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Alpenüberquerung-Traumpfad-Tag-4

Alpenüberquerung Tag 5: Tutzinger Hütte – Vorderriss

Strecke: 20 km

Höhenmeter: 720 hm ↑ 1.260 hm ↓

Am nächsten Morgen hat es aufgeklart und jetzt sehen wir vor uns auch das Massiv der Benediktenwand direkt vor uns. Die Berge sind wirklich beeindruckend.

Nach einem wie wir finden etwas dürftigen Frühstück aus Brot, Marmelade und Käse – nichtsahnend, dass das unser Standardfrühstück auf den Hütten sein wird – brechen wir gegen 8 Uhr auf. Vor uns liegt zunächst ein steiler Anstieg, bevor es dann kilometer lang bergab geht.

Mit dem Abstieg tu ich mir schwer und meine Wanderschuhe drücken an den kleinen Zehen. Ich bin erschöpft und wünsche mir eine Pause, obwohl wir gerade mal 5 Tage unterwegs sind. Doch ich vertraue, dass ich meinen Rhythmus bald finden werde.

Gegen Nachmittag machen wir an einer Alm, die überraschenderweise bewirtschaftet ist, Pause. Wir dürfen dort unser eigenes Essen kochen, gönnen uns aber zum Nachtisch aber ein Stück Kuchen.

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Die Wander Crew findet sich

Unterwegs treffen wir auf weitere Wanderer, die auf dem Traumpfad unterwegs sind und gemeinsam marschieren wir in Vorderriss ein, wo wir auch alle zusammen im 10 Bett Zimmer unterkommen.

Im Biergarten nehmen wir gemeinsam mit der neu gefundenen Truppe das Abendessen ein, tauschen uns über unsere weiteren Etappen aus und beschließen spontan, mit zwei anderen Wanderern ein Airbnb in Innsbruck für einen Pausentag zu buchen. Die haben wir nämlich dringend nötig.

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Alpenüberquerung Tag 6: Vorderriss – Karwendelhaus

Strecke: 25 km

Höhenmeter: 1.120 hm ↑ 140 hm ↓

Langsam finde ich meinen Rhythmus und der 6. Tag ist zwar mit 25 Kilometern und 1.120 Höhenmetern echt lang, doch es gab ein reichliches Frühstück und ich laufe in meinem Tempo. Genieße die fantastischen Ausblicke und ein Hörbuch auf den Ohren.

Wir überqueren die Grenze nach Österreich, kommen an rauschenden Flüssen vorbei und haben dabei strahlendes Wetter. Ein perfekter Wandertag.

In Richtung Karwendelhaus ist mehr los als an den Tagen zuvor. Die Gaststube ist schon richtig gut gefüllt, als wir ankommen und es gibt kein warmes Wasser mehr zum Duschen. Der Gastwirt setzt uns angesichts der Größe unserer Gruppe (wir sind inzwischen zu siebt) in ein Separee, wo wir den Tag bei einem deftigen Abendessen ausklingen lassen.

Der Hüttenwirt nimmt sich die Zeit für alle Gäste und gibt uns ein Wetter Update für den nächsten Tag, fragt nach unserer weiteren Route. Am nächsten Tag steht uns eine der anspruchsvollsten Etappen bevor, denn direkt hinter dem Karwendelhaus geht es direkt 1.200 Höhenmeter bergauf – bei einer Strecke von 3 Kilometern.

Er legt uns ans Herz die Uhr im Blick zu behalten, und sollten wir nach 3 Stunden nicht oben angekommen sein, lieber umzukehren, da es sonst schwierig wird vor der Dunkelheit zur nächsten Hütte zu gelangen.

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Alpenüberquerung-Traumpfad-Tag-6-Karwendelhaus

Alpenüberquerung Tag 7: Karwendel Haus – Hallerangerhaus

Strecke: 15 km

Höhenmeter: 1.380 hm ↑ 1.430 hm ↓

Mit der Warnung des Wirts im Ohr machen wir uns an Tag 7 auf und beginnen früh um etwa halb 8 unsere Wanderung in Richtung Bikkarspitze. Wie immer laufe ich in meinem eigenen Tempo und fluche ganz schön bei den Serpentinen, über die ich den Berg erklimme. 1.200 Höhenmeter auf 3 Kilometer machen wirklich nicht viel Spaß.

Allerdings bin ich nach 2,5 schweißtreibenden Stunden am Übergang oben angekommen und kann mich erstmal ausruhen, bis auch der letzte unserer Gruppe den Berg bezwungen hat. Als er nach 2 Stunden 56 Minuten ankommt, wissen wir: Den Rest schaffen wir jetzt auch noch.

Die nächsten 5,5 Kilometer geht es – teilweise relativ steil – bergab und wir sind uns uneinig, ob bergauf oder bergab die anspruchsvollere Wanderung ist. Mir fällt es bergab etwas leichter, auch wenn mir die Schuhe immernoch an den kleinen Zehen drücken.

An der Kastenalm im Tal machen wir Pause, bevor uns der letzte Aufstieg zum Hallerangerhaus nochmal das Letzte abverlangt. Die Belegschaft dort ist leider etwas ruppig und die strikte Abendessenzeit von 18 bis 19 Uhr können wir zwar einhalten, fühlt sich aber trotzdem nicht gerade entspannt an, nach so einem Tag.

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Alpenüberquerung Tag 8: Hallerangerhaus – Hall in Tirol

Strecke:15 km

Höhenmeter: 320 hm ↑ 1.520 hm ↓

Heute geht es entspannt über Forststraßen und Waldwege bergab nach Hall in Tirol, wo wir uns von einem großen Teil der Gruppe trennen werden.

Unterwegs machen wir Halt an einer Hütte und gönnen uns die typischen Tiroler Kaspressknödel als kleines Abschiedsessen. Dann geht es die letzten Kilometer durch den Wald, bis wir auf Straßen und Zivilisation treffen.

Es lässt sich nicht in Worte fassen, wie unwirklich sich nach 5 Tagen im Gebirge der erste Supermarkt in Hall angefühlt hat – und wie überfordernd. Zu viert fahren wir mit der Bahn weiter nach Innsbruck.

In Innsbruck im Airbnb richten wir uns ein, gehen einkaufen und packen direkt unsere Klamotten in die Waschmaschine. Der nächste Tag ist ein Pausentag, an dem wir gemütlich beim Frühstück schlemmen, ein bisschen Innsbruck erkunden und Kraft tanken für den weiteren Weg.

Außerdem buchen wir die nächsten Hütten vor, was sich als garnicht so leicht herausstellt, da Ende August noch einiges los ist in den Bergen und wir immer direkt 4 Betten brauchen. Doch schließlich haben wir alle Hütten soweit organisiert – bis zum nächsten Pausentag in einer Woche.