Es ist schon eine Weile her, dass ich meinen Rucksack (Affiliate Link) gepackt, Ausrüstung und Klamotten gewogen und wieder aussortiert, haltbares Essen vorbereitet und fleißig trainiert habe. 2022 im August habe ich mich aufgemacht, um von München nach Venedig zu laufen. Ich war dabei nicht alleine, meine Schwester hat mich begleitet.
Noch heute, genau 2 Jahre nach unserer Ankunft in Venedig, zehre ich von dieser Erfahrung, denn sie hat mir so viel mitgegeben. Bevor ich in den nächsten Wochen endlich die Wanderung und alle Details hier teile, möchte ich dir meine Erkenntnisse mitgeben. Wir starten quasi von hinten.
Was hat eine solche Wanderung mit 580 km und über 21.000 hm mit mir gemacht? Was war daran so prägend und was habe ich für mich mitgenommen?
Eine Auszeit in der Selbständigkeit ist möglich und nötig
2021 habe ich mich selbständig gemacht und nur wenig später dazu entschieden: Im nächsten Jahr möchte ich diese Alpenüberquerung machen. Ich möchte mir die Auszeit nehmen. No matter what.
Und ich erlebe immer wieder, dass Selbständige losgehen für ihre Freiheit und dann die ersten Jahre am Laptop kleben und sich nicht trauen, diesen aus den Augen zu lassen. Da ist die Angst, dass das Business zusammenbrechen könnte. Dass das Geld nicht reicht. Dass sie wieder von 0 starten.
Natürlich gab es da ganz viele Stimmen in mir, die mir genau das erzählen wollten. Auf die ich aber nicht hören wollte. Was bringt mir ein Business, das durch die Decke geht, wenn ich dann keine Zeit mehr für Abenteuer habe?
Und so habe ich mir einen Plan gemacht, habe genau hingesehen, wie viel Geld ich habe und wie viel ich brauchen werde, um alle Kosten zu decken. Habe neue Kund:innen für meine Freelancing Tätigkeit akquiriert und zusätzlich einen Job als Servicekraft angenommen.
Bereits Monate bevor es losging, habe ich mit meinen Kund:innen abgesprochen, wie wir diese Zeit überbrücken und dankbarerweise wollten sie alle auch nach der Auszeit wieder mit mir arbeiten. Auch der Servicejob wartete nach meiner Rückkehr auf mich, so dass ich wusste:
Ich werde nicht mit nichts dastehen.
Und ich wusste auch: Ich werde Wege finden.
Heute gebe ich diese Sicherheit, diese geerdete Herangehensweise an große Ziele und meinen Erfahrungsschatz in 1:1 Coachings weiter, für all diejenigen, die sich in Job oder Selbständigkeit gefangen fühlen und ausbrechen wollen – ohne Angst.
Denn ich bin der Meinung, wir brauchen sie. Diese Auszeiten, diese Abenteuer, die Erlaubnis, unsere Träume zu jagen. Daraus wächst Inspiration, Energie und Motivation.
Übrigens: Auch als ich noch im Vollzeitjob war, habe ich mir regelmäßig Auszeiten genommen. Hier findest du meine Dokumentation aus dem Jahr 2019 dazu.
Es geht immer nur um den nächsten Schritt
Seit ich 7 Jahre alt war, spielte ich Handball und ich bilde mir ein, ich habe eine gewisse Grundkondition. Sobald ein Weg allerdings eine minimale Steigung hat, fährt mein Körper in den Energiesparmodus und ich bin eher langsam unterwegs. Das wusste ich bereits vor der Alpenüberquerung.
Naja, das Gute an einer Langstreckenwanderung ist ja: In der Regel hat man Zeit.
Als wir für die Alpenüberquerung trainiert haben, haben wir viele Tageswandeurngen gemacht. Dann sind wir eine 60 km lange Strecke an 3 Tagen gelaufen und haben dabei 1.000 Höhenmeter hoch und runter zurückgelegt. (Falls es dich interessiert: Das war die Zeugenbergrunde um Neumarkt in der Oberpfalz.)
Es war gut, wandern tut immer gut. Aber damals dachte ich: Wie soll ich das wochenlang durchziehen? Wie soll ich das schaffen? Über 550 km, über 21.000 Höhenmeter?
Als wir in München gestartet sind und erstmal 3 Tage lang nur geradeaus der Isar folgten, konnte ich es mir noch immer nicht so richtig vorstellen.
Aber: Man kommt irgendwann rein. Den Rhythmus aus Frühstücken, packen, laufen, laufen, laufen, duschen, Abendessen, schlafen, könnte ich ewig durchziehen. Es geht nur darum, einen Schritt vor den anderen zu setzen.
Es hilft überhaupt nichts, dir die ganze Strecke vorzustellen, immer den nächsten anstrengenden Aufstieg vor Augen zu haben und daran zu verzweifeln. Wenn du einen Schritt vor den anderen setzt, kommst du automatisch irgendwann an. Und zwar nicht nur in Venedig. Das gilt für alle anderen Ziele, die du im Leben erreichen willst.
Mentale Hürden und wie ich sie überwunden habe
Nachdem wir geklärt haben, dass eine solche Wanderung körperlich machbar ist, indem man einen Schritt vor den anderen setzt – was wirklich für alle Ziele in allen Lebensbereichen gilt – lass uns den mentalen Aspekt anschauen.
Das kenne ich schon von meinen Laufrunden: Ich bin noch nicht ausgepowert, habe noch Luft, alles läuft, und mein Kopf grätscht dazwischen und beschwert sich. “Ich habe jetzt keine Lust mehr”, sagt er.
Diese Stimme kam vor allem dann, wenn die Wanderung eintönig war.
Wenn es kilometerlang an Straßen entlang (vor allem am Anfang) oder über graue Schotterwege an grauen Bergen (in den Dolomiten) ging. Oder wenn ich schon vorher im Höhenprofil gesehen habe, dass es jetzt 5 Stunden lang bergauf geht. Oder wenn den ganzen Tag Regen vorhergesagt war (der dankbarerweise fast nie kam).
Dann hatte ich keine Lust. Dann wollte ich manchmal gar nicht erst loslaufen, auch wenn ich rein rational wusste, dass ich es schaffen würde.
Geholfen hat mir ein Hörbuch auf den Ohren oder ein guter Podcast. Das hat meinen Kopf davon abgelenkt, mir zu erzählen, dass wir jetzt nicht wandern wollen. Auch die Aussicht auf Einkehr in einer Hütte oder Belohnungschips am Gipfel oder auf halber Strecke waren hilfreiche Motivatoren.
Auch die zahlreichen Nächte in Matratzenlagern waren eine mentale Herausforderung. Wenig Rückzug, wenig Ruhe. Umso wichtiger war es, dann tagsüber wirklich im eigenen Tempo zu laufen und auf mich selbst zu achten
Alle 7 Tage haben wir zudem einen Pausentag eingelegt, um unsere Körper auszuruhen. Auch das war wichtig für die mentale Kraft.
Planung ist Gold, Umsetzung Platinum
Bevor es im August 2022 losging, haben meine Schwester und ich viel geplant. Wir haben die ersten Hütten vorgebucht, unser Gepäck optimiert, Karten und Verpflegung organisiert und vieles mehr.
Und das war wichtig, denn es hat uns ein Gefühl gegeben von: “Wiir wissen, was auf uns zukommt.”
Aber eine Alpenüberquerung passiert nicht auf dem Papier und nicht in Exceltabellen, wobei diese wirklich nützlich waren. Eine Alpenüberquerung passiert dann, wenn man losläuft.
Auf so vieles konnten wir uns nicht einstellen. Am ersten Tag ging es 26 Kilometer flach geradeaus an der Isar entlang. Nach etwa der Hälfte sollte es ein Wirtshaus geben und wir haben uns bei 32 Grad auf Pommes und eine kühle Apfelsaftschorle gefreut. Leider war das Wirtshaus eher ein Lost Place. Zum Glück konnten wir auf unsere Verpflegung zugreifen, auch wenn diese keine kühle Saftschorle beinhaltete.
Zusätzlich hatte die Gaststube unserer Unterkunft (Kloster Schäftlarn) genau an diesem Tag Ruhetag. Das hatten wir bei der Planung nicht bedacht, und so haben wir 3 Kilometer draufgelegt, um uns am Abend dennoch eine warme Mahlzeit zu gönnen.
An einem anderen Tag waren gefühlt sämtliche Wege aus unserem Wanderführer gesperrt. Eine Lösung wäre dann gewesen, 3 Stunden zusätzlich über die Berge zu laufen – oder einen Busfahrer zu fragen, ob er uns ein Stück mitnimmt. Ein paar Stunden später standen wir wieder vor gesperrten Wegen und mussten zurück.
Auch die Buchung der Hütten war nicht immer leicht, da viele bereits ausgebucht waren, wenn wir an unseren Pausen die nächsten Stationen geplant haben. In anderen Erfahrungsberichten, die wir vorher online gelesen hatten, stand oft der Hinweis, dass Vorbuchen nicht notwendig ist. Unser Learning: Ist es doch.
Besonders gegen Ende unserer Wanderung war jeden Tag Regen angesagt. Auch hier durften wir schauen: wie gehen wir damit um? Unsere Lösung war meistens, früh morgens aufzubrechen, um es möglicherweise vor dem Regen zu schaffen oder wenigstens ein paar Stunden im Trockenen zu laufen.
Es gab in den 5 Wochen einige Situationen, die wir nicht planen konnten. Da heißt es dann, pragmatisch zu sein und nach Lösungen zu suchen. Dann und wann mal aus der Komfortzone herauszutreten. Und darauf vertrauen, dass sich Wege öffnen werden.
Am Ende geht es um die kleinen Dinge
Vielleicht kannst du dir vorstellen, wie genial sich frisch gewaschene Wander Outfits nach einem Pausentag angefühlt haben, wenn du vorher eine Woche lang keine gute Möglichkeit zum Waschen hattest und aus Gewichtsgründen nur 1-2 T-Shirts dabei hast.
Wie der Supermarkt zum reinsten Schlaraffenland wurde, weil es dort ALLES gab.
Wie angenehm es war, mal wieder Turnschuhe und Jeans statt Wanderschuhe und -hose zu tragen.
All diese kleinen Dinge lernt man zu schätzen, wenn man wochenlang auf das beschränkt ist, was man auf dem Rücken tragen kann.
Und gleichzeitig war da das Learning: Ich brauche nicht viel, um zufrieden zu sein.
Und zufrieden sein ist das, worum es geht. Die großen Glücksmomente sind toll, die Tiefs sind nötig, um die Hochs spüren zu können. Doch eine grundsätzliche Zufriedenheit im Alltag, im Leben zu spüren – das ist wirklich unbezahlbar.
Die Frage aller Fragen: Würde ich es wieder machen?
Rückblickend würde ich es wieder genauso machen. Aber ich würde die Wanderung so in der Form nicht nochmal wiederholen. Dazu gibt es zu viel zu sehen in der Welt. Zu viele Berge, die noch erklommen werden wollen. Zu viele Pfade, die etwas für mich bereit halten.
Der Herbst ist eine gute Zeit, um mein nächstes Wanderjahr zu planen. Denn ehrlicherweise kam das Wandern dieses Jahr etwas zu kurz. Wenn ich weiß, was ich wann vorhabe, kann ich sowohl meine finanzielle Planung als auch meine Businessplanung darauf ausrichten. Und was im Kalender steht, findet in der Regel auch statt.
Es war schön, die Alpenüberquerung gemeinsam zu erleben. Die Erinnerungen mit meiner Schwester zu teilen. Doch es ist auch schön, so ein Abenteuer alleine anzugehen – wenn sich für die passenden Zeiträume keine Reisepartner finden.
Wenn du dir ein Abenteuer wünschst, lass dich nicht abhalten. Es gibt für alles Lösungen. Du wirst immer auf hilfsbereite Menschen treffen. Das Internet hat zahlreiche Inhalte, mit denen du dich vorbereiten kannst.
Und wenn du ein bisschen Mut brauchst oder Fragen hast, dann melde dich bei mir.
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